Heiter bis wolkig bis heiter

Mit den Beziehungen ist das so eine Sache. Sie sind nicht immer sonnig, aber auch nicht immer düster. Wie das Wetter eben. Und auch in der entspanntesten Gemeinschaft kommt es hin und wieder mal zu kleinen Unwettern. Genau wie beim Wetter ist auch die Gemütslage aller Beteiligten von vielen Faktoren abhängig.

Lange Rede, kurzer Sinn. Ich habe gerade mal wieder arg mit kulturell bedingten Unwettern zu tun. Oder besser gesagt, die Umstände unter denen mein Mann aufgewachsen ist, die machen mir das Leben schwer.

Und da hier einige Leute immer wieder gerne nigerianische Geschichten hören(lesen) schreibe ich das jetzt mal auf. Aber ich schreibe es auch für mich auf. Denn es tut mir immer gut, wenn das auf diese Weise los werden kann. Das ist meine Art den Gang zum Therapeuten zu umgehen.

Wir haben seit Dienstag Besuch. Es ist ein nigerianischer Freund, der in Schweden lebt und arbeitet. Er möchte gerne seine Wartezeit bis zum Rückflug nach Nigeria am 01.12.11 mit meinem Mann verbringen. Die Tatsache, dass mir die Dauer des Besuchs vorab nicht bekannt war, nämlich 10 Tage, und dass sie mir nicht uneingeschränkt gut in den Kram passt, die lassen wir hier jetzt mal außen vor. Ich sehe das bei fremden Leuten immer wie bei Fisch. Nach drei  Tagen ungekühlt fängt er an zu stinken.

Was mich wirklich ganz gewaltig aufregt, ist was ganz anderes. Nämlich die Tatsache, dass mein Mann wie ausgewechselt ist. Wenn wir allein sind nicht, aber wenn der Besucher dabei ist.

In unserem normalen zweisamen Alltag, da kocht er manchmal das Essen, er spült schon mal Geschirr und saugt Staub. Er bringt den Müll runter, macht ne Maschine Wäsche an oder kauft was ein. Genau wie ich eben. Keiner ist bei uns alleine zuständig für den Haushalt, ich bin keine typische Hausfrau, er nicht der Hausmann. Und das finden wir beide gut und richtig so.

Aber eigentlich geht das nicht, wenn einer Afrikaner ist. Denn dann gibt es typische Männerarbeiten und rein weibliche Tätigkeiten in Haus und Garten, im Zusammenleben als Familie oder als Paar. Und die Grenzen sind keineswegs fließend. Da gibts strikte Regeln und keine Ausnahmen oder fließende Grenzen. Würde sich ein Mann in Gegenwart anderer Männer mit seiner Frau den Haushalt teilen, dann stünde er als Pantoffelheld da, einer der sich von der Frau unter buttern lässt. Und man kann durchaus sagen, er würde sein Gesicht verlieren.

Und genau das ist momentan hier das Problem. Dienstagmorgen als der Besuch ankam, sah ich meinen Mann ein 2,8kg Huhn aus der Truhe nehmen. Und ich war sicher, er würde was Schönes draus kochen. Das macht er ja sonst auch oft.

Frohen Mutes kam ich also am Abend nach Hause. Die Männer saßen durch einen dritten Kumpel verstärkt im Wohnzimmer. Nigerianische Partymucke lief. Als ich mich aus meinem Büro-Outfit befreit hatte und im Freizeitlook den Feierabend einläuten wollte, kam mein Angetrauter auf mich zu gestürmt mit der Frage: „Hallo Schatz, wir haben auf dich gewartet. Was essen wir heute? Was hast du gekauft? Was wirst du kochen?“

Mich traf die Frage völlig überraschend. Und ich hatte weder eingekauft, noch vor gehabt zu kochen. Ich hatte fälschlicherweise angenommen, es gäbe was zu essen, wenn ich nach Hause komme. Auf die Frage nach dem Verbleib des Huhns vom Morgen, antworteten sie lachend, das wäre bereits mit ein paar Bierchen als Snack so nebenbei im Laufe des Tages verputzt worden. (das hatten sie also in Ermangelung einer Kochmamsell selber gekocht)

Ich war sprachlos, checkte leise in mich rein grummelnd meine Vorräte. Dabei stellte ich fest, dass mir einiges fehlte um das zu kochen, was ich mir vorstellte. Ich zog mich wieder straßentauglich an und fuhr nochmal los zum Einkaufen. Also ich wenig später zurück war, ging die Kocherei los. Zwanzig Minuten später, so im halben Kochprozess teilten sie mit, dass sie nun gleich nochmal weg müssten. Und es kam die Frage auf, ob das Essen denn vor ihrer Abfahrt noch fertig werden würde. Sie würden gerne noch was essen, bevor es los ginge.

Ich dachte echt, ich wäre bei der versteckten Kamera und gleich käme die Auflösung. Aber das war nicht so. Natürlich verfüge ich nicht über Zauberkünste und das Essen war deshalb auch noch nicht eßbar. Sie verschwanden daraufhin alle drei. Termine, Termine. Und ich stand weniger später mit einem extra großen Topf meines Essen da. Und kein Esser mehr anwesend. Ich war sowas von sauer. Aber zum Glück rief wenig später meine Freundin Ingrid an und ich hatte jemanden, dem ich meinen Ärger ausführlich und in schillernden Farben schildern konnte. Das tat gut und ich beruhigte mich schnell wieder.

Das Ende vom Lied war, dass ich gegen 22:30 Uhr den Tag als abgeschlossen erklärte und ins Bett ging. Mein Mann und der Besucher kamen gegen 23 Uhr heim. Und waren offensichtlich nicht verhungert unterwegs. Sie konnten noch ne Portion vertragen. Dennoch hatte ich so gekocht, dass das Essen eigentlich für den Mittwoch mit reichen sollte, damit ich dann nicht wieder meinen Feierabend in der Küche verbringen musste.

Mittwochabend aber stellte ich fest, dass der Besucher zum Frühstück auch warmes Essen gewöhnt ist. Ich muss dazu sagen, in Nigeria ißt man kein Brot oder Brötchen zum Frühstück sondern Reis mit Soße oder Gries mit Soße oder sowas. Also warmes Essen. Und so kam es, dass meine Doppelportion vom Dienstagabend bis auf einen kleinen Rest am Mittwochmorgen verputzt worden war.

Das hieß dann für mich, am Abend wieder kochen. Die Männer waren wieder unterwegs. Ich kochte einen enorm großen Topf Reis und eine richtig schöne scharfe rote Soße mit ein bisschen Hackfleisch und viel Gemüse dazu. Das konnten sie nicht auch wieder verputzen. Dachte ich mir.

Nööö, das passierte auch nicht. Als sie wieder gegen 23 Uhr nach Hause kamen, hatte der Besucher außerhalb irgendwo was gegessen und nur mein Mann hat ne Kleinigkeit von meinem Essen genommen. Das heisst, ich hätte mir die Mühe nicht machen müssen. Wie man es macht, macht man es verkehrt. Das Essen blieb also weitestgehend stehen. Und das noch sinnigerweise in der warmen Küche über Nacht. In den Kühlschrank zu stellen wäre ja zuviel verlangt gewesen. Das ist sicher auch Frauenarbeit. Man weiß es nicht genau.

Heute morgen hatten mein Mann und ich dann ein wirklich ernsthaftes Gespräch. Denn wenn das hier so weiter gehen würde, dann würde das ein ganz ganze böses Ende nehmen. Und mir würde aber mal so dermaßen der Kragen platzen. Ungünstigerweise dann womöglich in Gegenwart des Besuchers. Das galt es zu verhindern.

Und nun geht es hier ein bisschen besser. Mal sehen wie sich das noch so entwickelt. 🙂

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16 Antworten zu Heiter bis wolkig bis heiter

  1. shelkagari schreibt:

    Ich drücke euch Beiden die Daumen, dass sich die Gewitterwolken bald wieder verzogen haben…
    ♥lichst!

  2. dorosgedankenduene schreibt:

    *Räusper* Nun, erst mal finde ich es großartig, daß, so wie es sich am Ende des Artikels liest, dein Wildhüter einsichtig war. Allerdings muss ich sagen, das wäre für mich ja gar nichts. Plötzlich aus heiterem Himmel für so lange Übernachtungsbesuch. Und dann noch nach nem langen Arbeitstag in der Küche stehen, damit die Herren dann kurz bevor du fertig warst, weg sind. Ich wäre nicht nur stinkig gewesen, ich glaub ich wäre geplatzt 😉
    Ist der Besuch denn jetzt immer noch da? Und hat es sich im Allgemeinen etwas gebessert?
    LG und ein ruhiges 😉 Wochenende
    Doro

    • chinomso schreibt:

      Ja Doro, das war auch der Grund des ersten Krachs. Er hatte gesagt, der Freund würde hier nen Zwischenstop machen, bevor er nach Hause fliegt. Und da hatte ich nix dagegen. Aber wer denkt denn da an 10 Tage?

      Er hat jetzt verstanden, dass ich ne klare Ansage brauche und die Chance ja oder nein zu sagen. Und was ich nächstes Mal dazu sagen werde, das ist ja mal klar. Mehr als 2 x übernachten ist nicht mehr.

  3. april schreibt:

    Oh weia, ich sag/schreib‘ besser nix. Ich bin nämlich ein bisschen mit wütend 😉 Ich finde das immer sehr seltsam: wenn du dorthin kommst, musst du oder sollst du dich anpassen und wenn einer hierhin kommt, dann auch? Ich finde, dann muss sich der Besucher den deutschen Sitten anpassen. Das heißt: eine den ganzen Tag außer Haus arbeitende Frau kann doch nicht auch noch den Herren das Essen kochen und servieren. Boh ne! Jetzt hab‘ ich doch was geschrieben …

    • chinomso schreibt:

      Das wär aber ausgesprochen schade, wenn du nix sagen würdest.
      Gut, dass du doch was gesagt hast.

      Über die wütende Phase bin ich mittlerweile weg. Irgendwie scheint mir, dass Afrika immer dort ist wo Afrikaner sind. Bin ich dort, muss ich brav sein. Sind sie hier zu mehreren anwesend erwartet man das von mir auch. **nein, Späßle**

      Der Freund kennt das nicht, dass Frau was anderes tut als kochen, putzen, waschen und Kindern die Rotznasen abwischen. Arbeiten geht seine eigene Frau in Nigeria nicht, denn sie hat zwei kleine Kronprinzen zu erziehen. Und sie hat einen Mann zu bekochen, wenn er dann mal da ist.

  4. SusiP schreibt:

    Da wär ich auch sauer. Meine Freundin ist mit einem Türken verheiratet und der meint auch manchmal, wenn ein Kumpel da ist, den Macho raushängen lassen zu müssen. Da hilft dann in der Regel eine klare Ansage. Noch viel schlimmer, wenn sie seine Eltern in der Türkei besuchen. Da gilt dann anscheinend türkisches Gesetz, inzwischen will sie nicht mehr mit.

    Einen Rat kann ich dir auch nicht geben. Ob die Kumpels das zu Hause ähnlich machen?

  5. paradalis schreibt:

    Oh je.

    Ich bewundere deine Geduld. Aber es muss ja auch einen Grund haben, weshalb ich wohl ewiger Single bin. Mir würde schon eine Winzigkeit dieser Probleme reichen. Gerade auch, wenn es so gravierende Unterschiede sind. Obwohl ich natürlich verstehe, dass da eben auch gewisse „Traditionen“ sind. Allerdings lebt ihr ja nicht in Afrika, sondern in Deutschland. Soll heißen, man könnte also auch erwarten, dass sich der Besuch den Gegebenheiten in Deutschland anpasst. Wenn er schon die Hotel – und Verköstigungskosten spart.

    Tja, ich könnte jetzt noch viel mehr schreiben, ich lass es.

    Ich mag dich und deinen Wildhüter sehr, und ich hoffe ebenso wie Margot – dass der Fisch bald wieder im eigenen Meer schwimmt, bzw. die Gewitterwolken sich verzogen haben.
    🙂
    Ich drück dich!
    Liebe Grüße.

    • chinomso schreibt:

      Der Kerl ist einfach unzivilisiert. Der kann sich garnicht unterhalten. Entweder hockt er rum und glotzt mich an. Oder er antwortet nur auf Fragen. Wirklich auftauen habe ich ihn nur sehen, wenn der Wildhüter mit ihm in seiner Sprache spricht, dann geht er aus sich raus. Der ist es einfach nicht gewöhnt, dass man mit Frauen Gespräche führen kann. Der Mensch macht mich echt wütend. Ich komme mir mit dem in meinem eigenen Zuhause vor wie Hauspersonal.

  6. paradalis schreibt:

    Nachtrag, liebe Iris:

    http://paradalis.wordpress.com/2011/11/25/news-news-news/

    Ich freue mich auf euch!
    🙂
    Liebe Grüße!

  7. Da bewundere ich ja Deine EngelsGeduld angesichts dieser Mißachtung, die Dir da vonseiten des WildhüterFreundes entgegengebracht wurde. Was macht denn so ein MannsBild, wenn er mal allein wirtschaften muß, weil sojemandem berechtigterweise die HausFrau wegläuft? Dann ist der feiner Herr ja gar nicht lebensfähig! Deinem WildHüter war es bestimmt auch unangenehm, so zwischen zwei Stühlen zu sitzen, vor seinem Freund nicht als WeichEi zu gelten – der „mußte“ in der Situation wohl den Macho raushängen lassen. Es ist so viel zu hören von Frauen, die in fürchterliche Bredouille geraten sind, sobald sie im HeimatLand des EheMannes aus dem Flugzeug steigen, wo sie plötzlich völlig rechtlos sind und auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. GLGr aus der schönsten Hansestadt am Ryck vom ollen Wolf.

    • chinomso schreibt:

      Der lebt die meiste Zeit des Jahres in Spanien oder Schweden. Und soweit ich weiß alleine in einem alten Wohnwagen. Aber nichts genaues weiß man nicht….. Er versorgt und bekocht sich da selber. Und wenn er nun mal in einen Haushalt mit Frau kommt, dann geht er davon aus, es ist wie bei ihm zu Hause in Nigeria. Da stellt das liebe Frauchen das Essen auf den Tisch und zieht sich dann zurück, um sich weiterhin ihrem Haushalt zu widmen. Housewifes work is never done.

  8. nicky-neck schreibt:

    warum kann ich dir nur sagen: Kenn ich auch! ?? *ggg*
    Ist leider keine Beruhigung, oder?? Mein Mann hilft Gott sei dank auch im HH, wobei manche Bereiche wirklich nicht seins sind und ich es (meistens) akzeptiere. Z.B. geht er nicht einkaufen und manchmal denk ich mir auch nur zum Glück, weil wenn dann bringt er (mir) immer das falsche mit.;oD (ich hab mal gehört, das Männer sowas aus Berechnung falsch machen, damit sie es nicht mehr tun brauchen)
    Zum Glück kocht er sich aber sein Stew selbst und auch meistens den Reis, denn er ißt auch mehrmals am Tag warm- manchmal auch zum Frühstück.
    Gott sei Dank hatten wir solche Übernachtungsgäste, die meinen Mann eine 180° Kehrtwende Richtung Pascha machen lassen noch nicht da. Die kommen nur ab und zu auf ein Käffchen- achnein, Tee oder Wein, vorbei.
    Dann kommt doch tätsächlich mein Mann zu mir (ich mit HH, Kindern o.ä. beschäftigt) und sagt mir, ich solle doch UNSEREN Besuch fragen was er trinken will.
    Hallo!!! In der Zeit hätt mein Mann doch schon selbst fragen können, oder??
    Genauso wie manche Afrikanische Freunde ja anscheinend denken, daß mein Mann mich so gut in der Hand hat und bei uns immer was warmes (bzw. gekochtes) da ist- besonders Sonntag vormittag wenn ihre Frauen ja in der Kirche sind. Leider müssen sie bei uns dann auch mehr oder weniger hungrig gehen, da mir So die Zeit zu schade ist, mich stundenlang in die Küche zu stellen und zu kochen und nix mit meiner Familie zu unternehmen. Würde ich wie nigerianische/ afrikanische Frauen nicht arbeiten gehen, würde ich es vielleicht machen, da ich ja dann unter der Woche mehr Zeit für meine Famile hätte.
    Tja, mit der Zeit und Spontanität ist das auch kulturell.Bei uns heißt es immer: Man muss sich doch nicht anmelden/ bzw anfragen wenn man zu Besuch kommen will.Man geht einfach und hofft das Beste (gute Hausfrau, die den Besuch gut bewirtet und behandelt und ansonsten nicht präsent ist). Bei uns sind diese Besuche zum Glück auch nicht allzu oft (hab ich wahrscheinlich durch meine „Unfreundlichkeit“ schon alle verschreckt), so dass ich mich dann immer aufrege, aber auch wieder beruhige.
    Unsere Übernachtungsgäste waren zwar meist auch so spontan, aber meist nicht (mehr) so afrikanisch „verwöhnt“- oder schon europäisch erzogen
    So bevor ich dir den ganzen Blog voll schreib,, lass ich noch ganz vlG da für dich und auch P. und hoffe eure Unruhen bruhigen sich schnell wieder und eurer Besuch reist bald ab ( 1.12.?? ist ja (schon)morgen- is er schon weg??)
    GVLG

    • chinomso schreibt:

      **grins** Da spricht die Frau, die die Materie kennt. 🙂
      Also wir hatten schon auch Besucher, wo ich erst dachte „Ohgottottottottogott“ Und dann war der Besuch, ein Mann um die 30, ein sehr netter umgänglicher Mensch. Er hat mir geholfen, wo er konnte, wenn ich von der Arbeit kam. Und während mein Mann noch unterwegs war, haben wir gemeinsam gekocht und er hat von mir Deutsch lernen wollen. Das war so lustig mit dem. Da habe ich meinen Mann direkt nicht vermisst. Und wenn er dann kam, dachte ich manchmal: Ach? Isser schon wieder da??

      Aber der hier? Neee, echt nicht mein Fall.
      Morgen isser weg. Gleich sag ich noch Tschüß und gehe in mein Bett.
      Erledigt. Kapitel abgeschlossen.

  9. Ruthie schreibt:

    Oh – oh! 😦

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